Griechenland – Jedes Ende ist auch ein Anfang

Werner Kastor

Egal wie die Wahlen in Griechenland am 25. Januar ausgehen, eine Eurokrise wird das Ergebnis nicht verursachen. Die Ankündigung des charismatischen Syrisachefs Alexis Tsipras „Das wird eine historische Wende für Griechenland und Europa…. Das Memorandum wird enden“, könnte trotzdem stimmen.

Das Memorandum ist die Vereinbarung der Regierung in Athen mit der Troika (EZ, IWF & EU) über die gewährten Darlehen an Athen und die versprochenen Reformen der griechischen Regierung. Die Situation Griechenlands ist tatsächlich unhaltbar, und die Troika ist daran nicht ganz unschuldig

Zwar erwirtschaftet Griechenland inzwischen einen Primärüberschuss, also nimmt mehr ein als die Regierung ausgibt, aber darin ist der Schuldendienst nicht enthalten. Jeden Monat kommen Millionen an Zinsen hinzu, die die Troika erhält. 2011 hatten die Staatsschulden ihren Höchststand mit €355,17 Milliarden. Dann gabe es einen Schuldenschnitt und 2012 sanken die Schulden auf €303,92 Milliarden. Inzwischen sind sie wieder bei €318,35 Milliarden. In Prozent des Bruttosozialprodukts sind das für 2014 rund 175%, die dann 2015 auf 168,8% und 2016 auf 157,8% sinken sollen. Die Eurozonen-Norm sind 60%, die allerdings die wenigsten Mitglieder erreichen.

Ohne eine drastische Verringerung der Lasten Griechenlands wird hier ein Armutsghetto im Südosten der EU geschaffen. Die EU hat zwar gerade Zugeständnisse gemacht, aber die reichen nicht aus. Das hat man in Brüssel wohl auch inzwischen eingesehen und angedeutet, weitere Konzessionen seien möglich, allerdings erst, nachdem man weiss, wer künftig in Athen das Sagen haben wird..

Sollte Tsipras Nachfolger von Samaras werden, und sollten die Verhandlungen mit der Troika dann scheitern, die unter extremem Zeitdruck geführt werden müssten, weil schon im März €5 Milliarden von Athen fälllig sind, droht der Staatsbankrott. Das ist inzwischen für den Finanzsektor der Eurozone nicht mehr so dramatisch wie zu Beginn der griechischen Krise. Die großen europäischen Banken sind ja nicht mehr die Kreditgeber Athens sondern die Institutionen der EU und der IWF.

Es fragt sich aber, ob die EU das riskieren will. Beim Staatsbankrott sind die geliehenen Gelder futsch, und es gibt Kollateralschäden. Der Verlust von rund €250 Milliarden ginge kaum spurlos an der Finanzwelt vorbei. Das Verhältnis Athens zum IWF und zu Brüssel dürfte ebenfalls nachhaltig getrübt werden. Die finanzielle Position der Eurozonenmitglieder würde sich deutlich verschlechtern, wäre aber durchaus tragbar und mit Sicherheit keine Gefährdung für den Euro.

Tsipras Trumpfkarte könnten Reformen sein, die einen Primärüberschuss im Etat sichern, ohne den Mittelstand und die unteren Einkommensgruppen zu schröpfen. Die ideologischen Widersprüche zwischen der Troika und Tsipras sind allerdings so groß, dass er die Vertreter des IWFs und Brüssels kaum überzeugen wird. Aber nur wenn ihm dies gelingt, kann es eine historische Wende in Europa geben. Das einseitig an der fast reinen Marktwirtschaft orientierte Brüsseller Modell könnte durch stärkere soziale Elemente ergänzt werden.

Wahrscheinlich ist jedoch, dass es am 25. Januar kein klares Ergebnis für Tsipras oder Samaras geben wird. Die Umfragen zeigen beide Parteien, Syrisa und Neue Demokratie, Kopf an Kopf. Aber auch ein knapppes Wahlergebnis könnte entscheidend sein. Der Wahlsieger erhält nach dem griechischen System zusätzlich 50 Parlamentssitze. Entscheidend wird sein, auf welchem Niveau dieses Kopf-an-Kopf-Ergebnis liegt. Wenn die anderen Parteien eine absolute Mehrheit nicht verhindern können, reicht auch ein knappes Ergebnis. Das allerdings halten die griechischen Umfrage-Experten für kaum möglich

Über Werner Kastor

Lebe seit über 40 Jahren in England. Bin im Medienbereich tätig. Meine, Deutschland spielt weiterhin eine sehr wichtige Rolle in Europa. Verfolge daher die Ereignisse dort.
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