Sind Demokratie und Marxismus unvereinbar?

Es gibt ja die unsinnigsten Vereinfachungen, was Marxismus und Kommunismus angeht. Erstens sind beide nicht gleichzusetzen. Wer das tut, sagt: Christentum und die katholische Kirche sei ein und dasselbe. Er könnte auch sagen, ein Tor zu schiessen sei dasselbe, wie ein Fußballspiel zu gewinnen.

Abgesehen von der sprachlichen Verwirrung muss man festhalten, der Marxismus ist ein Kind der Sozialwissenschaften, wenn nicht sogar der allumfassende Ausgangspunkt der Sozialwissenschaften. Wirtschaftstheorie hat es natürlich vorher gegeben, aber die Sozialwissenschaften und der Marxismus sind sehr viel breiter angelegt.

Wichtig ist weiter, dass der Marxismus ohne die französische Revolution und deren Motto „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ nicht denkbar ist. Nur wenn diese drei Prinzipien gleichwertig angewandt werden, wird der Kern der französischen Revolution und der des Marxismus erfasst.

Wer, wie die Bildzeitung, Kommunismus gleich Unfreiheit setzt, hat nichts verstanden. Nicht Lenin und Stalin sind die Maßstäbe sondern die Marxsche Lehre bzw., obwohl nicht damit gleichzusetzen, das Motto der französischen Revolution. Oder – um mit der Sozialistischen Internationale zu sprechen – „ohne Freiheit kein Sozialismus, und ohne Sozialismus keine Freiheit“. Von der Freiheit kann man nicht leben. Wer materiell keine Not kennt, braucht aber dennoch die Freiheit.

Die Mächtigen in Länder wie China z. B. sehen die Notwendigkeit der Freiheit nicht so dringend an. Im  Reich der Marktanbetung hingegen wird die Freiheit, bzw. der Markt, als Allheilmittel betrachtet. Beide Positionen sind offensichtlich nicht optimal Aber auch ein bißchen hiervon und ein bißchen davon kann nicht die Lösung sein. Beides gilt gleichermaßen.

Wenn die Vorsitzende der Linken, Gesine Lötzsch, in der Jungen Welt sagt, Ziel der Partei sei der Kommunismus, disqualifiziert sie sich und ihre Partei nicht im demokratischen Prozess. Sie mag ein unrealisatisches Ziel haben. Viel unrealistischer ist es, wenn die Bildzeitung verlangt,  jedesmal, wenn man das Wort Kommunismus oder Marxismus in den Mund nimmt, müsse man auch wegen der Verbrechen des Ostblocksystems in Sack und Asche  gehen.

Diese Forderung ist nicht nur unrealistisch, sondern dumm. Wer verlangt denn, wenn jemand vom Christenum spricht, eine automatische Entschuldigung für die Verbrechen der Kirche? Die Bildzeitung wird von intelligenten Journalisten gemacht. Schade nur, dass sie ihre Leser für dumm verkaufen wollen.

Über Werner Kastor

Lebe seit über 40 Jahren in England. Bin im Medienbereich tätig. Meine, Deutschland spielt weiterhin eine sehr wichtige Rolle in Europa. Verfolge daher die Ereignisse dort.
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